Der Hurenberuf und die Anderen
Ein Artikel von Sehpferd - © 2008 by sehpferd
Die Macht, etwas zu beschreiben, haben nicht die Journalisten, sondern in erster Linie die gesellschaftlichen Kräfte. Dies wird sehr deutlich, wenn man sich mit Huren beschäftigt: die Quellen, die zur Verfügung stehen, sind schnell genannt: Es handelt sich überwiegend um Polizeiberichte, Aussagen von sozialen Einrichtungen und feministisch orientierten Organisationen. Die Kompetenz solcher Einrichtungen darf mit Fug und Recht bezweifelt werden: Die Polizei richtet ihr Augenmerk auf die kriminellen Auswüchse im Umfeld der Prostitution, die Sozialdienste werden fast ausschließlich an der Drogenfront tätig und die feministischen Ansätze sind oft ideologisch verfärbt. So erscheinen in der Öffentlichkeit regelmäßig berichte über arme, ausgebeutete Frauen, die aus dem letzten Loch pfeifen und deswegen in die Prostitution hineingedrängt werden - ein Szenario, das es zweifellos gibt, aber das den Beruf der Hure nicht wirklich charakterisiert. Die Hure wird immer nur im Schummerlicht von Umständen gesehen, die mit ihrem eigentlichen Beruf nichts zu tun haben, der durchaus ehrenwert ist.
Um dies zu verdeutlichen, vergleichen wir den Beruf der Hure doch einmal mit dem Beruf eines Programmierers: Wir erfahren von seiner Tätigkeit zwar auch gelegentlich aus Polizeiberichten, wissen aber sofort, dass es sich dabei um Ausnahmen handelt: Computerkriminalität ist, so weiß die Gesellschaft, ein Nebeneffekt des Spezialistentums.
Auch die Sozialstationen könnten davon berichten, dass Computerfachleute hochgradig suchgefährdet seien, und dass nicht wenige durch Nebenwirkungen ihrer Tätigkeit bereits auf das berufliche Abstellgleis geraten wären.
Schließlich weisen die Feministinnen mit recht drauf hin, dass männliche Strukturen das Fortkommen von Frauen in diesem Beruf behindern.
Die Hure erscheint nicht im Wirtschaftsteil
Doch die Gesellschaft weiß sehr genau, dass all dies Randerscheinungen sind: Der Wert der Datenverarbeiter und der Firmen, in denen sie arbeiten, wird am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen gemessen: In den Medien erscheinen die Berichte ganz überwiegend im Wirtschaftsteil und die Produkte werden öffentlich bewertet und mit Qualitätsprädikaten versehen. Einschlägigen Zeitschriften berichten über nichts anderes als die Geräte, mit denen sie arbeiten und die Innovationen, die es dabei gibt, und auch die Höhe der Gehälter wird dabei nicht ausgespart. Doch wie ist es bei den Huren?
Die Wahrheit über Huren? Die Recherche ist schwierig
Wer über Prostitution schreibt, hat also eine Schwierigkeit: Er muss die Wahrheit dort finden, wo sie auch in anderen Branchen zu finden wäre: bei der Gründung der Unternehmen, bei den Beschäftigten, bei den vermarkteten Produkten, bei den wirtschaftlichen Möglichkeiten. Dann erst kann es darum gehen, welche psychosozialen Komponenten das Geschäft beeinflussen, welche Gefahren damit verbunden sind und welche moralische Bewertung der Sache zukommt. Das Problem: Quellen sind rar. Huren rede weder über Betriebsgründungen noch über Einnahmen - nur die Dienstleistungen, die sie vermarkten, werden gelegentlich vorgestellt. Bei meinen Recherchen hatte ich die gleichen Probleme. Indessen habe ich einige Quellen gefunden, die relativ sicher sind - und mir ermöglicht haben, einen Überblick über die Entwicklung der Prostitution und anderer Sexberufe zu geben - just in einer Umbruchsituation, in der Huren gesellschaftsfähig werden.
Auf in die Praxis:
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